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Angststörung überwinden: 7 Tipps zur erfolgreichen Selbsthilfe!

Angststörung überwinden

Expertenschätzungen zufolge hat jeder siebte Bundesbürger eine Angststörung. Damit gehören übermäßige Ängste neben Depressionen zu den am weit verbreitetsten seelischen Erkrankungen. Zum Glück für Betroffene muss nicht jede Angststörung professionell behandelt werden. Das bedeutet, in vielen Fällen können Sie eigenständig Ihre Angststörung überwinden. Was Sie dabei unbedingt beachten sollten und welche Tipps am besten helfen, erfahren Sie in diesem Ratgeber.

1. Angststörung überwinden – Das sollten Sie wissen

Gehören Sie zu den Menschen, die an Ängsten leiden und Ihre Angststörung überwinden wollen? Dann sollten Sie zuerst wissen, von welcher Art Angststörung Sie betroffen sind und welche Ursachen die Angst auslösen. Das ist der erste wichtige Schritt in ein angstfreies Leben.

Was ist eine Angststörung?

Es ist vollkommen normal, manchmal Angst zu haben. Geraten wir in eine potenziell gefährliche Situation, reagiert unser Körper mit den klassischen Angstsymptomen wie beschleunigter Atmung, erhöhter Blutdruck, Pulsrasen, Herzklopfen, Zittern und Schwitzen. Mit der Freisetzung großer Mengen Stresshormone bereitet sich der Organismus auf die Alternativen Flucht oder Abwehr vor.

Normale Angst schützt uns also vor Gefahren. Empfinden wir jedoch in absolut ungefährlichen Situationen Angst und wird diese übermächtig, leiden wir an einer Angststörung.

Solche irrationalen Ängste können sich auf konkrete Objekte (zum Beispiel Spinnen) und Situationen (zum Beispiel Fahrstuhlbenutzung) beziehen oder nicht objektbezogen sein. Tritt die Angst häufig auf und schränkt sie das Alltagsleben stark ein, ist sie behandlungsbedürftig.

Diese Arten von Angststörungen gibt es

Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie unterscheiden bei Angststörungen zwischen vier verschiedenen Arten:

  • Phobien
  • Panikattacken
  • generalisierte Angststörung
  • subsyndromale Angststörung

Bei Phobien löst ein bestimmtes Objekt oder eine Situation Angstreaktionen aus. Haben Sie zum Beispiel Angst, bei einem Einkaufsbummel von fremden Menschen als merkwürdig, peinlich oder sogar lächerlich eingeschätzt zu werden, leiden Sie an einer Sozialen Phobie. Die Angstsymptome treten sogar dann auf, wenn Sie nur daran denken, Ihre Wohnung zu verlassen und anderen Menschen zu begegnen.

Im Vergleich dazu dauern Panikattacken meist nur wenige Minuten an und werden von mehreren Angstreaktionen begleitet. Ihre Auslöser sind oft im Unterbewusstsein verborgen.

Von einer generalisierten Angststörung spricht man, wenn die Angstreaktionen mit keinen spezifischen Auslösern verknüpft sind: Die Ängste haben sich bereits verselbstständigt. Die Betroffenen haben eine anhaltende Angst vor Krankheiten oder in Zukunft schwere Unfälle zu erleiden (Erwartungsangst). In manchen Fällen beziehen sich die Ängste allerdings auf konkrete Bedrohungen. Psychotherapeuten diagnostizieren eine generalisierte Angststörung, wenn der Betroffene mindestens sechs Monate lang an allgemeinen Ängsten leidet und diese von mindestens vier Angstsymptomen begleitet werden.

Als subsyndromale Angststörung bezeichnet man generalisierte Angststörungen, die höchstens drei Monate anhalten und in Kombination mit maximal zwei Angstsymptomen auftreten. Bei dieser weniger ausgeprägten Angststörung hat der Betroffene immer noch das Gefühl, seine Ängste kontrollieren zu können.

Raus aus der Angst... Rein ins Leben!

Ursachen von Angststörungen

Angststörungen können durch nicht verarbeitete traumatische Erlebnisse und anhaltende seelische Überlastung hervorgerufen werden. Oft sind beide Ursachen miteinander verknüpft. Zu den nicht bewältigten Traumata gehören beispielsweise der Verlust eines geliebten Menschen oder die Scheidung der Eltern in der Kindheit. Die dadurch verursachte Trennungsangst kann offen auftreten oder sich hinter einem anderen Auslöser verbergen.

Manche Angststörungen werden auch von einer körperlichen Erkrankung (zum Beispiel Schilddrüsenunterfunktion) ausgelöst oder treten im Rahmen einer anderen seelischen Erkrankung (zum Beispiel Schizophrenie) auf.

Diese Symptome zeigen Betroffene einer Angststörung

Angst wird körperlich, kognitiv und emotional wahrgenommen. Eines ihrer wichtigsten Symptome ist das Vermeiden der Auslöser. Leiden Sie an einer Klaustrophobie, benutzen Sie statt des Fahrstuhls die Treppe. Und das, obwohl Sie im schlimmsten Fall hunderte Stufen steigen müssen. Dieses Vermeidungsverhalten verstärkt Ihre Angst allerdings noch.

Ein weiteres typisches Symptom ist die Angst vor der Angst. Die Angst davor, dass die Panikattacke wiederkommen könnte, löst üblicherweise einen noch heftigeren Anfall aus. Neben den eingangs genannten vegetativen Symptomen wie Schwitzen und Herzrasen zeigen Angstpatienten noch psychische Symptome wie die Angst, den Verstand zu verlieren oder das Gefühl, in einer irrealen Welt zu leben.

Wie lange dauert es, eine Angststörung zu überwinden?

Natürlich möchten Sie Ihre Angststörung möglichst schnell überwinden. Doch so einfach funktioniert das nicht. Seelische Heilungsprozesse verlaufen individuell. Wann Sie Ihre Angststörung überwinden, hängt von folgenden Faktoren ab:

  • der Art Ihrer Angststörung
  • Ihren Auslösern und davon, ob diese Ihnen bewusst sind oder nicht
  • dem Beginn Ihrer Angststörung
  • dem Schweregrad Ihrer Ängste
  • dem möglichen Vorhandensein einer weiteren Erkrankung wie Depressionen
  • Ihren persönlichen Bewältigungsstrategien
  • wie intensiv Sie Ihre Ängste bearbeiten
  • wie gut Sie mit auftretenden Rückschlägen umgehen können (Rückschläge sind unvermeidlich!)

Wichtig ist, dass Sie möglichst bald anfangen, etwas gegen Ihre Angststörung zu unternehmen. Damit verhindern Sie, dass die Angst chronisch wird und einen Großteil Ihres Lebens einnimmt. Um Ihnen dabei zu helfen, finden Sie in diesem Ratgeber 7 wertvolle Tipps, die Ihnen helfen, sich schnell besser zu fühlen und Ihre Angst zu überwinden.

Kann man eine Angststörung ohne Medikamente überwinden?

In vielen Fällen ist es möglich, die Angststörung ohne Psychopharmaka zu überwinden. Sind Ihre Ängste noch nicht so intensiv, dass Sie Ihren Alltag dominieren, benötigen Sie keine Psychotherapie und begleitende Medikamente. Leiden Sie nicht zusätzlich an Depressionen oder einer Suchterkrankung, können Sie Ihre Angststörung ebenfalls ohne Medikamente überwinden.

2. Angststörung überwinden – 7 Tipps zur Selbsthilfe

Den ersten Schritt Ihre Angststörung zu überwinden, haben Sie bereits gemeistert. Herzlichen Glückwunsch! Sie wissen nun, was eine Angststörung ist und welche Ursachen und Symptome die seelische Erkrankung kennzeichnen.

Im zweiten und entscheidenden Schritt erfahren Sie nun, wie Sie Ihre Angststörung überwinden können. Sie entscheiden sich einfach für eine oder mehrere der im Folgenden genannten Lösungen. Hierfür benötigen Sie keinen Psychotherapeuten und keine verschreibungspflichtigen Medikamente.

Tipp 1: Selbsthilfe-Programm nutzen

Unser erster Tipp ist zugleich der wichtigste. Nutzen Sie ein Selbsthilfe-Programm, um Ihre Angststörung zu überwinden. Im Internet gibt es eine Vielzahl von Angeboten. Besonders erfolgversprechend ist das Selbsthilfe-Programm „Raus aus der Angst … Rein ins Leben!“

Das Besondere an diesem Selbsthilfe-Programm ist, dass es von einer ehemals Betroffenen einer Angststörung entwickelt wurde. Die Erstellerin weiß also genau, wovon Sie spricht und welche Methoden bei der Angstbewältigung am besten helfen.

Von großem Vorteil ist außerdem, dass das Selbsthilfe-Programm einer klaren Schritt-für-Schritt-Anleitung folgt. Somit wissen Sie genau, an welchem Punkt Sie sich befinden und was der nächste Schritt ist, um Ihrer Angst endgültig den Rücken zu kehren. Wenn Sie Ihre Angst wirklich bezwingen wollen, sollten Sie das Selbsthilfe-Programm „Raus aus der Angst … Rein ins Leben!“ unbedingt nutzen.

Tipp 2: Mit Freunden und Familie sprechen

Vertrauen Sie sich engen Freunden und nahestehenden Familienmitgliedern an. Versuchen Sie nicht eine Fassade aufrechtzuerhalten und so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Es wird Ihnen guttun, offen über Ihre Ängste und Gefühle zu reden. Zudem kann es sein, dass die Person mit der Sie reden, schon einmal in einer ähnlichen Situation war und wertvolle Ratschläge für Sie hat.

Tipp 3: Sportliche Aktivitäten

Auch regelmäßiger Sport trägt dazu bei, Stress und Ängste abzubauen. Die Bewegungen beruhigen das körpereigene Stresssystem, das bei Menschen mit Angststörungen überaktiv ist. Die gesteigerte Ausschüttung von Endorphinen (Glückshormonen) sorgt für seelische Ausgeglichenheit. Der Anstieg des BDNF-Spiegels erhöht die Anzahl neuronaler Verbindungen im Gehirn und lindert so Depressionen und Ängste.

Tipp 4: Entspannungstechniken erlernen

Darüber hinaus lässt sich eine Angststörung mit Entspannungstechniken wie Autogenem Training oder Progressiver Muskelentspannung nach Jacobson überwinden. Autogenes Training können Sie innerhalb kurzer Zeit und ohne professionelle Unterstützung erlernen.

Die Entspannungsübungen dauern oft nur wenige Minuten und werden mehrmals täglich gemacht. Während Sie sich auf Ihre Atmung und einzelne Körperteile konzentrieren, verdrängen Sie die Ängste aus Ihren Gedanken und ersetzen sie durch angenehme Gefühle. Bei der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson spannen Sie alle Muskeln nacheinander an und entspannen sie anschließend.

Tipp 5: Pflanzliche Produkte

Eine noch nicht chronische Angststörung überwinden Sie, indem Sie pflanzliche Medikamente einnehmen. Heilpflanzen wie Baldrian, Hopfen, Lavendel und Passionsblume haben bei längerer regelmäßiger Einnahme eine medizinisch nachgewiesene angstlösende, entspannende und beruhigende Wirkung.

Tipp 6: Beruhigende Aromaöle

Möchten Sie den positiven Effekt von Tipp 5 noch steigern, besorgen Sie sich ein beruhigendes Aromaöl und geben Sie zwei Tropfen davon in Ihre Duftlampe. Durch den Duftstoff können Sie sich entspannen und Ihre Angst wird nach kurzer Zeit nachlassen.

Tipp 7: Achtsamkeitsübungen

Achtsamkeitsübungen helfen ebenfalls dabei, eine Angststörung zu überwinden. Mit diesen Übungen lenken Sie Ihre gesamte Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt. Zudem nehmen Sie sich liebevoll an und lassen alle negativen und positiven Gedanken zu. Sie beobachten Ihre Ängste ohne jede Bewertung. Damit reduzieren Sie Ihre innere Anspannung und die Angst vor der Angst. Studien belegen, dass achtsames Yoga in Kombination mit kognitiven Verfahren (Auffinden negativer Denkstrukturen) besonders effektiv ist.

3. Angststörung überwinden durch Therapie

Können Sie Ihre Angststörung nicht allein überwinden, müssen Sie sich professionelle Hilfe suchen. Welche Art von Therapie ratsam ist, richtet sich danach, an welcher Angstform Sie leiden. Suchen Sie am besten zuerst den Arzt Ihres Vertrauens auf. Er wird Sie zunächst gründlich körperlich untersuchen, um eine organische Ursache Ihrer Ängste auszuschließen. Anschließend überweist er Sie an einen anderen Facharzt (Psychiater oder Psychotherapeuten).

Phobien lassen sich gut mit einer Verhaltenstherapie bewältigen. Subsyndromale Angststörungen erfordern normalerweise keine Psychotherapie. Treten bei Ihnen Panikattacken auf, erhalten Sie beruhigende Medikamente und psychotherapeutische Hilfe. Generalisierte Angststörungen behandelt man medikamentös und mithilfe einer Psychotherapie.

Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

In der kognitiven Verhaltenstherapie lernen Sie Strategien, die Sie im täglichen Alltag anwenden können. Diese Therapien sind besonders erfolgreich, wenn sie als Einzeltherapie durchgeführt werden. Während der meist 10 bis 20 Sitzungen üben Sie, wie Sie die gelernten Angstreaktionen wieder verlernen.

Sie werden sich Ihrer angstfördernden Denkmuster bewusst und setzen sich anschließend gezielt der angsterregenden Situation aus. Diese Exposition erfolgt entweder für einen längeren Zeitraum oder häufiger und für einen kürzeren Zeitraum. Das Gehirn ersetzt die Angstreaktionen allmählich durch nicht angstbesetzte neuronale Verbindungen.

Hypnosetherapie

Ein völlig neuer Ansatz ist die nur von speziellen Psychotherapeuten durchgeführte Hypnosetherapie. Aktuelle Studien belegen, dass sie zum Überwinden einer Angststörung gut geeignet ist. Während Sie sich in tiefer Trance befinden, beeinflusst der Hypnosetherapeut Ihre im Unterbewusstsein gespeicherten Ängste positiv.

Verabreichung von Medikamenten zur Überwindung einer Angststörung

Psychopharmaka werden nur bei stark ausgeprägten Angststörungen verschrieben und wenn schnelle Hilfe erforderlich ist. Sie schwächen die Ängste ab, können sie aber nicht beseitigen. Das Aufdecken der Ursachen und die Bearbeitung der Ängste sind Aufgaben der Psychotherapie. Zum Einsatz kommen:

  • SSRIs (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer)
  • SSNRIs (Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer)
  • TZAs (Trizyklische Antidepressiva)
  • Benzodiazepine (Beruhigungsmittel für den kurzfristigen Akutfall)

SSRIs, SSNRIs und TZAs werden zur langfristigen Behandlung von Angststörungen eingesetzt. Weil sie die Konzentration der Botenstoffe Noradrenalin und Serotonin im Gehirn steigern, wirken sie sich nicht nur bei Depressionen positiv aus. Die medikamentöse Therapie dauert bis zu 12 Monate. In schweren Fällen kann die medikamentöse Therapie auch mehrere Jahre andauern.

Egal für welchen Weg Sie sich entscheiden, wir wünschen Ihnen viel Erfolg beim Überwinden Ihrer Angststörung!


Quellen und weiterführende Inhalte:

  • Krankhafte Angst https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article13585956/Jeder-siebte-Europaeer-leidet-unter-krankhafter-Angst.html
  • Wittchen, H.-U. & Hoyer, J. (Hrsg.): „Klinische Psychologie & Psychotherapie“. Berlin: Springer (2011)
  • Becker, E. S. & Hoyer, J.: „Generalisierte Angststörung“. Göttingen: Hogrefe (2005)
  • Generalisierte Angststörung https://www.aerzteblatt.de/archiv/137451/Generalisierte-Angststoerung

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