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Angstzustände Ursachen und Hilfe

Angstzustände Ursachen und Hilfe

Angst ist eine völlig normale Emotion – doch wenn Sie unter regelmäßigen Angstzuständen leiden, kann Ihnen die Angst das Leben schwermachen. Ob wiederkehrende Angstzustände als Krankheit gelten, hängt davon ab, wie stark sie den Alltag des Betroffenen beeinträchtigen und ob weitere Probleme hinzukommen.

Das Gefühl der Angst wird meistens von körperlichen Symptomen wie Herzklopfen, Zittern oder Schwitzen begleitet. Angstzustände können sowohl bei psychischen Problemen auftreten als auch auf eine körperliche Ursache zurückgehen. Deshalb müssen Ärzte, Heilpraktiker und Therapeuten bei der Behandlung von quälenden Angstzuständen jeden Menschen individuell betrachten.

1. Was sind Angstzustände?

Angst gehört zu den sogenannten Basisemotionen. Diese sind angeboren und treten in jeder Kultur auf – sie gehören zum normalen Erleben, solange sie nicht extrem ausgeprägt sind. Wie bei allen Emotionen lassen sich auch bei der Angst mehrere Facetten unterscheiden:

  • Gefühl: das subjektive Angstgefühl
  • Körper: Herzklopfen, schnellerer Puls, Muskelanspannung, …
  • Gedanken: „Was wäre, wenn …“, Befürchtungen
  • Verhalten: Kampf oder Flucht, Unterwürfigkeit oder Aggressivität, …

Während eines Angstzustands können sich alle diese Facetten zeigen. Die Angst kann unterschiedlich stark auftreten und reicht von leichtem Unbehagen bis hin zu intensiven Panikattacken. Während Panikattacken und Angststörungen enger definiert sind, bezeichnet der Begriff „Angstzustand“ ganz allgemein den emotionalen Zustand.

Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen überhaupt. Etwa drei Prozent der Bevölkerung leiden unter einer Panikstörung. Von der generalisierten Angststörung sind etwas mehr Menschen betroffen: Die Schätzungen reichen von drei bis sieben Prozent. Die soziale Phobie betrifft etwa jeden 14. Menschen und nimmt dadurch eine traurige Spitzenposition ein.

Grundsätzlich kann jeder Mensch eine Angststörung entwickeln, unabhängig von der sozialen Schicht oder der persönlichen (Familien-)Geschichte.

2. Ursachen für Angstzustände

Angstzustände lassen sich auf vier Ursachen zurückführen. Entweder ist eine Ursache allein für Ihre Angst verantwortlich. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass Sie aufgrund mehrerer Ursachen unter Angstzuständen leiden.

Welche körperlichen Gründe kann die Angst haben?

In manchen Fällen sind Angstzustände eine Folge von rein körperlichen Vorgängen. Da Ihr Körper und Ihre Psyche jedoch nicht voneinander getrennt sind, können organische Probleme sich auch auf Ihr persönliches Erleben und Verhalten auswirken.

Hormonelle Probleme, Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Lungenerkrankungen wie Asthma können beispielsweise zu Symptomen führen, die einer Panikattacke oder Angstzuständen ähnlich sind. Atemnot und andere Beschwerden können wiederum Angst auslösen, sodass der Unterschied zwischen einem körperlichen Problem und einer Panikattacke ohne ärztliche Untersuchung nicht immer offensichtlich ist.

Auch Medikamente können Angst hervorrufen. Das gilt sogar dann, wenn Sie die Arzneimittel korrekt einnehmen. Unter Drogenabhängigen ist zudem der „Horrortrip“ gefürchtet. Viele Drogen wirken direkt an den Übergängen zwischen den Nervenzellen, also an den Synapsen. Die chemischen Substanzen können dadurch zum Beispiel das Nervensystem stimulieren oder die Reizhemmung unterdrücken. Doch nicht immer ist der Zusammenhang so naheliegend. Zum Beispiel führen auch einige Antibiotika Angstzustände als mögliche Nebenwirkung auf.

Welche psychischen Ursachen für Angstzustände gibt es?

Angstzustände können im Rahmen verschiedener psychischer Krankheiten auftreten. Alle Angststörungen haben gemeinsam, dass die Angst unbegründet ist.

Die generalisierte Angststörung zeichnet sich dadurch aus, dass die Angst auf viele unterschiedliche Bereiche gerichtet ist. Im Gegensatz dazu lösen bei einer spezifischen Phobie nur ganz bestimmte Reize die Angst oder Panik aus:

• Tiere, zum Beispiel Schlangen
• Naturereignisse, zum Beispiel Gewitter
• Blut, Spritzen, Verletzungen oder medizinische Behandlungen
• Situationen, zum Beispiel beengte Räume

Bei einer sozialen Phobie richtet sich die Angst auf zwischenmenschliche Situationen. Manche Betroffene leiden zum Beispiel unter Panikattacken, wenn sie einen Vortrag halten sollen. Wenn Sie sich hingegen davor fürchten, das Haus zu verlassen oder in den Supermarkt zu gehen, leiden Sie möglicherweise unter einer Agoraphobie.

Erfahrungen in der Kindheit sind oft prägend

In der Kindheit werden viele Grundlagen gelegt. Wenn Sie zum Beispiel als Kind beobachten, dass Ihre Mutter große Angst vor Spinnen zeigt, können Sie allein durch diese Beobachtung verinnerlichen, Spinnen seien etwas Gefährliches.

Wenn Sie als Kind viele negative Erfahrungen gesammelt haben und kein gesundes Selbstvertrauen entwickeln konnten, sind Sie möglicherweise ängstlicher als andere Menschen. Wichtig: Solche Entwicklungen lassen sich nur im Rückblick nachvollziehen! Ein Kind, das emotional vernachlässigt wird, kann auch andere Reaktionen als Angst zeigen und zum Beispiel depressiv, gewalttätig oder anderweitig reagieren.

Welche Rolle spielt die Genetik?

Die Veranlagung, eine Angststörung zu entwickeln, steckt in den Genen. Moderne Theorien gehen jedoch davon aus, dass praktisch immer auch soziale und psychische Gründe hinzukommen, bevor eine Angststörung entsteht.

Wir Menschen haben als Spezies zum Beispiel die grundsätzliche Tendenz, eine Phobie vor ganz bestimmten Reizen zu entwickeln: Schlangen-, Spinnen- und Hundephobien treten relativ häufig auf, aber nur sehr wenige Menschen entwickeln eine Phobie vor Kissen. Auch die Persönlichkeitseigenschaft „Ängstlichkeit“ scheint zumindest teilweise vererbt zu werden.

Welche neurobiologischen Ursachen können Angstzustände auslösen?

Angstzustände und Symptome, die denen der Angst ähneln, können eine neurobiologische Grundlage besitzen. Darunter werden alle Ursachen zusammengefasst, die auf das Gehirn und andere Teile des Nervensystems zurückgehen. Bei den neurobiologischen Ursachen handelt es sich dementsprechend um eine Unterkategorie der körperlichen Ursachen.

Ärzte sollten beispielsweise ausschließen, dass die Symptome auf Migräne oder epileptische Anfälle zurückgehen. Manche neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose (MS) oder bestimmte Tumore können ebenfalls entsprechende Beschwerden hervorrufen.

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3. Symptome einer Angststörung

Die körperlichen Symptome der Angst sind sehr vielfältig. Während eines Angstzustands nehmen Betroffene ihren Herzschlag oft sehr bewusst wahr. Der Puls und der Herzschlag können sich beschleunigen. Auch Zittern und Schwitzen sind typische Angstsymptome. Weitere mögliche Symptome sind:

  • das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen
  • Kribbelgefühle
  • die Welt erscheint unwirklich
  • das Gefühl, ohnmächtig zu werden oder zu sterben
  • sich abwechselnd heiß und kalt fühlen
  • trockener Mund

Dabei müssen nicht alle Symptome gleichzeitig auftreten.

Von einer Panikattacke spricht man, wenn die Angst sich innerhalb von zehn Minuten zu einem sehr intensiven Zustand steigert. Bei einer spezifischen Phobie treten die Angstsymptome immer in denselben Situationen auf. Bei einer sozialen Phobie verhält es sich ähnlich – mit dem Unterschied, dass es speziell um Situationen geht, in denen Sie von anderen bewertet werden könnten.

4. Hilfe und Tipps bei Angstzuständen

Angst verstehen

Wissen allein ist kein Heilmittel gegen Angst, doch mehr Wissen kann Ihnen dabei helfen, die Angst richtig einzuordnen. Wenn Sie sich über Angststörungen, Panikattacken und ähnliche Themen informieren, sollten Sie Wert darauf legen, dass Ihre Quelle seriös ist.

Indem Sie Ihr eigenes Verhalten, Ihre Emotionen und Ihre Gedanken bewusst wahrnehmen und reflektieren, können Sie mehr über Ihre individuellen Angst-Mechanismen lernen. Ein solches Wissen kann hilfreich sein, wenn Sie sich entschließen, aktiv gegen Ihre Angst vorzugehen. Eigene Überlegungen stellen jedoch keinen Ersatz für eine Diagnose von einem Arzt oder Therapeuten dar. Solche Selbstdiagnosen sollten Sie deshalb mit Vorsicht genießen.

Angst aushalten

Auch, wenn es schwerfällt: Die Angst auszuhalten kann sich als effektives Mittel erweisen, um die quälende Furcht loszuwerden. Wenn Sie sich einem angstauslösenden Reiz aussetzen, der harmlos ist, verinnerlicht Ihr Gehirn, dass nichts passiert. Die Verschaltungen der Nervenzellen haben dadurch die Möglichkeit, sich neu zu sortieren.

Wenn Sie vor der ungefährlichen Angst-Situation weglaufen, verinnerlicht Ihr Gehirn hingegen dieses Reiz-Reaktions-Schema und die Angst verfestigt sich. Eine gezielte Konfrontation wenden auch viele Psychotherapeuten an, denn dieses Vorgehen gilt als sehr wirksam. Da Sie sich bei einer Exposition Ihrer Angst stellen müssen, ist diese Methode zunächst unangenehm und anstrengend. Die Angst reduziert sich im Laufe der Zeit jedoch.

Wichtig ist, dass Sie zuvor eine körperliche Ursache für die Angst ausschließen. Sie können sich bei einer Exposition langsam an Ihre Angstschwelle herantasten. Statt einer Schocktherapie, bei der Sie als Spinnenphobiker sich gleich eines der achtbeinigen Tiere auf das Gesicht setzen, können Sie zum Beispiel erst einmal nur Bilder von Spinnen betrachten. Wenn Sie diesen Schritt gemeistert haben, stellen Sie sich eine neue Herausforderung.

Bei einer Phobie vor Blut, Spritzen, Verletzungen und ähnlichen Reizen sollten Sie mit Konfrontationen jedoch vorsichtig sein. Denn Phobien aus dieser Gruppe sind die Einzigen, bei denen einige Betroffene tatsächlich ohnmächtig werden können. Andere Phobiker haben manchmal lediglich das Gefühl, sie würden gleich das Bewusstsein verlieren.

Hilfe suchen

Viele Menschen leiden unter Angstzuständen. Dadurch ist es Ihnen möglich, sich Leidensgenossen im Internet oder in Selbsthilfegruppen zu suchen. Auch Bücher und seriöse Internetseiten können sinnvolle Hilfsmittel sein. Wenn Sie sich eine professionelle Unterstützung wünschen, sind vor allem Ärzte und Psychotherapeuten die richtigen Ansprechpartner für Sie.

Darüber hinaus gibt es Selbsthilfe-Programme, in denen Sie sich mit Ihrer Angst auseinandersetzen. Diese Programme helfen Ihnen dabei, die Angst zu bezwingen. Zu diesem Zweck folgen Sie in der Regel einer Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Besonders empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang das Selbsthilfe-Programm „Raus aus der Angst…Rein ins Leben“. Das Programm wurde von einer ehemals Betroffenen für Betroffene entwickelt. Es hilft Ihnen, die Angst zu verstehen und durch gezielt Übungen zu überwinden.

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5. Häufig gestellte Fragen

Herzlichen Glückwunsch Sie haben unseren Ratgeber fast zu Ende gelesen. Zu guter Letzt finden Sie nun Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen rund um das Thema Angstzustände Ursachen und Hilfe.

Wann ist eine Therapie sinnvoll?

Wenn die Angst Sie in Ihrem Leben beeinträchtigt und Sie sich nicht selbst zu helfen wissen, sollten Sie sich professionelle Unterstützung suchen. Bei Angststörungen handelt es sich um anerkannte Krankheiten. Deshalb übernimmt Ihre gesetzliche Krankenkasse die Kosten für eine Psychotherapie bei einem Therapeuten mit Kassenzulassung, wenn die Behandlung begründet ist.

Viele Angstpatienten tragen die Angst jahrelang mit sich herum, bevor sie sich Hilfe suchen. Dadurch ist es möglich, dass Folgeprobleme in verschiedenen Lebensbereichen entstehen. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie unter einer Angststörung leiden, sollten Sie deshalb nicht zu lange warten, sich Hilfe zu suchen. Darüber hinaus treten Angststörungen und Panikattacken oft zusammen mit anderen psychischen Krankheiten auf, die eventuell ebenfalls behandelt werden sollten.

Warum treten Angstzustände häufig nachts auf?

Einige Betroffene erleben vor allem nachts Angstzustände. Dafür kann es verschiedene Gründe geben, die sich nicht verallgemeinern lassen. Wenn Sie Angst vor der Dunkelheit haben, ist es naheliegend, dass diese Angst sich in den dunklen Stunden des Tages zeigt.

Viele Menschen sind tagsüber abgelenkt und kommen erst abends zur Ruhe. Ängste und Sorgen können dann in den Vordergrund treten, sobald diese Ablenkung wegfällt. Angstzustände können Sie jedoch genauso am Tag überwältigen.

Ist die Einnahme von Medikamenten bei Angstzuständen ratsam?

Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, ob die Einnahme von Medikamenten bei Angstzuständen sinnvoll ist. Viele Experten hüten sich vor einer Verallgemeinerung, da die individuellen Ursachen und Begleitumstände bei dieser Entscheidung unbedingt berücksichtigt werden müssen.

Einige Therapeuten argumentieren, an einer Angststörung könne sich langfristig nichts ändern, wenn die Emotion medikamentös unterdrückt wird. Die Einnahme von Medikamenten kann eine Form der Angstvermeidung darstellen. Einige Betroffene werden von den Substanzen sogar psychisch oder körperlich abhängig. Auch Alkoholismus oder andere Suchterkrankungen können Ihren Ursprung in dem Versuch haben, die Angst eigenhändig zu „behandeln“.

Allerdings können Medikamente eine kurzfristige Erleichterung bringen. Deshalb ist keine pauschale Antwort auf die Frage möglich, ob Medikamente bei Angstzuständen sinnvoll sind. Wenn Sie Medikamente gegen Panikattacken oder andere schwere Angstzustände einnehmen möchten, sollten Sie sich von Ihrem Arzt beraten lassen.

Bei vielen psychischen Angststörungen wird dem Patienten sowohl eine medikamentöse als auch eine psychotherapeutische Behandlung angeboten. Viele Behandler betrachten die Frage, ob Medikamente sinnvoll sind, deshalb nicht dogmatisch.


Quellen und weiterführende Inhalte:

  • Wittchen, H.-U. & Hoyer, J. (Hrsg.): „Klinische Psychologie & Psychotherapie“. Berlin: Springer (2011).
  • Becker, E. S. & Hoyer, J.: „Generalisierte Angststörung“. Göttingen: Hogrefe (2005).
  • Gerrig, R. J. & Zimbardo, P. G.: „Psychologie“. München: Pearson (2008).
  • Bandelow, B.; Wiltink, J.; Alpers, G. W.; Benecke, C.; Deckert, J.; Eckhardt-Henn, A.; Ehrig, C., Engel, E.; Falkai, P.; Geiser, F.; Gerlach, A.L.; Harfst, T.; Hau, S.; Joraschky, P.; Kellner, M.; Köllner, V.; Kopp, I.; Langs, G.; Lichte, T.; Liebeck, H.; Matzat, J.; Reitt, M.; Rüddel, H.P.; Rudolf, S.; Schick, G.; Schweiger, U.; Simon, R.; Springer, A.; Staats, H., Ströhle, A.; Ströhm, W.; Waldherr, B.; Watzke, B.; Wedekind, D.; Zottl, C.; Zwanzger, P.; Beutel M.E. Deutsche S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen. www.awmf.org/leitlinien.html (2014).

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